Übersicht
Der Preis ist eines der wichtigsten Instrumente im Marketing-Mix. Eine durchdachte Preispolitik kann über Erfolg oder Misserfolg eines Unternehmens entscheiden. In diesem Lernfeld lernst du, wie Preise kalkuliert, präsentiert und kommuniziert werden.
🎯 Lernziele
- Bedeutung des Preises im Marketing verstehen
- Preisbildung im Einzelhandel kennenlernen
- Kalkulation von Verkaufspreisen durchführen
- Bedarfsermittlung und Kundenerwartungen berücksichtigen
- Warenvorlage verkaufsfördernd gestalten
- Verkaufsargumentation kundenorientiert aufbauen
- Kundenservice als Wettbewerbsvorteil nutzen
1. Preispolitik im Einzelhandel
1.1 Bedeutung des Preises als absatzpolitisches Instrument
Der Preis erfüllt mehrere Funktionen:
💶 Deckungsfunktion
Kosten müssen gedeckt und Gewinn erwirtschaftet werden
🎯 Positionierung
Preis signalisiert Qualität und Marktsegment (Luxus vs. Discount)
⚔️ Wettbewerb
Preis als Differenzierungsmerkmal zur Konkurrenz
💭 Kundenerwartung
Preis muss zur Zielgruppe und deren Kaufkraft passen
1.2 Rechtliche Grundlagen der Preispolitik
⚖️ Preisrecht
- Preisangabenverordnung (PAngV): Pflicht zur Angabe von Endpreisen inkl. MwSt
- Grundpreis: Bei Verbrauchsgütern auch Preis pro Mengeneinheit (€/kg, €/l)
- Preisbindung: Grundsätzlich verboten, außer bei Verlagserzeugnissen und Arzneimitteln
- Preisempfehlung: Hersteller darf unverbindliche Preisempfehlung geben
- Lockvogel-Angebote: Verboten, wenn Ware nicht ausreichend verfügbar
1.3 Preisstrategien im Einzelhandel
📈 Hochpreisstrategie
Hohe Preise, hohe Qualität, exklusives Image (z.B. Luxusmarken)
📉 Niedrigpreisstrategie
Günstige Preise, hohe Stückzahlen (z.B. Discounter)
⚖️ Mittelpreisstrategie
Ausgewogenes Preis-Leistungs-Verhältnis
🎯 Penetrationsstrategie
Niedrige Einführungspreise zur Marktdurchdringung
💎 Skimming-Strategie
Hohe Einführungspreise, später senken ("Rahm abschöpfen")
🔄 Dynamische Preise
Preisanpassung je nach Nachfrage (z.B. Yield Management)
1.4 Preisbildung im Einzelhandel
Drei Faktoren beeinflussen die Preisbildung:
🔺 Magisches Dreieck der Preisbildung
- Kostenorientiert: Kosten + Gewinnzuschlag
- Konkurrenzorientiert: Preise der Wettbewerber beachten
- Nachfrageorientiert: Was ist der Kunde bereit zu zahlen?
2. Warenkalkulation
2.1 Bedeutung der Kalkulation für einen Einzelhandelsbetrieb
Die Kalkulation ist unverzichtbar für:
- Ermittlung kostendeckender Verkaufspreise
- Gewinnplanung
- Angebotsvergleiche
- Preisverhandlungen
- Wirtschaftlichkeitskontrolle
2.2 Kalkulationsschema bei Vorwärtskalkulation
➡️ Vorwärtskalkulation (vom Einkaufspreis zum Verkaufspreis)
Kalkulationsschema:
- Listeneinkaufspreis (Katalogpreis)
- - Lieferrabatt
- = Zieleinkaufspreis
- - Lieferskonto
- = Bareinkaufspreis
- + Bezugskosten (Fracht, Verpackung, Versicherung)
- = Bezugspreis (Einstandspreis)
- + Handlungskosten
- = Selbstkosten
- + Gewinn
- = Barverkaufspreis
- + Kundenskonto
- = Zielverkaufspreis
- + Kundenrabatt
- = Listenverkaufspreis (brutto inkl. MwSt)
2.3 Kalkulation des Bareinkaufspreises
Beispiel:
- Listenpreis: 100,00 €
- - 20% Rabatt: -20,00 €
- = Zieleinkaufspreis: 80,00 €
- - 2% Skonto: -1,60 €
- = Bareinkaufspreis: 78,40 €
2.4 Kalkulation des Einstandspreises (Bezugspreis)
Beispiel (Fortsetzung):
- Bareinkaufspreis: 78,40 €
- + Frachtkosten: 5,00 €
- + Verpackung: 2,00 €
- = Bezugspreis: 85,40 €
2.5 Kalkulation der Selbstkosten
Selbstkosten = Bezugspreis + Handlungskosten
Handlungskosten umfassen:
- Personalkosten
- Raumkosten (Miete, Abschreibung)
- Energiekosten
- Verwaltungskosten
- Werbekosten
- Versicherungen
Handlungskostenzuschlag: Wird prozentual auf den Bezugspreis aufgeschlagen (z.B. 30%)
2.6 Kalkulation des Bruttoverkaufspreises (Ladenpreis)
💰 Vollständiges Beispiel
- Listeneinkaufspreis: 100,00 €
- - 20% Rabatt: -20,00 €
- = Zieleinkaufspreis: 80,00 €
- - 2% Skonto: -1,60 €
- = Bareinkaufspreis: 78,40 €
- + Bezugskosten: 7,00 €
- = Bezugspreis: 85,40 €
- + 30% Handlungskosten: 25,62 €
- = Selbstkosten: 111,02 €
- + 20% Gewinn: 22,20 €
- = Barverkaufspreis (netto): 133,22 €
- + 19% MwSt: 25,31 €
- = Bruttoverkaufspreis: 158,53 €
2.7 Kalkulation mit Kundenskonto und Kundenrabatt
Wenn Skonto oder Rabatt gewährt werden sollen, muss rückwärts kalkuliert werden:
Bei 3% Kundenskonto:
Barverkaufspreis = 100%
Zielverkaufspreis = 100% + 3% = 103%
2.8 Kalkulatorische Rückrechnung
Rückwärtskalkulation: Vom Verkaufspreis zum Einstandspreis
2.9 Differenzkalkulation
Ermittlung einzelner fehlender Werte in der Kalkulation
2.10 Verkürzte Kalkulationsverfahren
Bei vielen Artikeln: Vereinfachte Kalkulation mit Handelsspanne
Handelsspanne = (Verkaufspreis - Einkaufspreis) / Verkaufspreis × 100%
5. Bedarfsermittlung
Ermittlung der Kundenbedürfnisse durch:
- Bedarfsanalyse im Verkaufsgespräch
- Offene Fragen stellen
- Aktives Zuhören
- Beobachtung des Kaufverhaltens
7. Warenvorlage
Professionelle Warenpräsentation:
- Verkaufsfördernde Platzierung
- Produkte griffbereit präsentieren
- Visuelle Sinne ansprechen
- Probieren ermöglichen
8. Verkaufsargumentation
Überzeugende Argumentation aufbauen:
- Produkteigenschaften: Was hat das Produkt?
- Vorteile: Was bringt es dem Kunden?
- Nutzen: Welches Problem löst es?
🎯 NVV-Formel
Nutzen - Vorteil - Vorteil
Beispiel: "Dieser Kühlschrank hat eine A+++-Energieeffizienz (Eigenschaft), wodurch Sie jährlich bis zu 50 € Stromkosten sparen (Vorteil), was Ihnen mehr Budget für andere Dinge lässt (Nutzen)."
9. Kundenservice
Service als Wettbewerbsvorteil:
- Freundliche, kompetente Beratung
- Zusatzleistungen (Lieferung, Aufbau, Garantieverlängerung)
- Kulante Rücknahme und Umtausch
- After-Sales-Service
- Kundenkarten und Bonusprogramme
🎯 Zusammenfassung Lernfeld 9
Du hast umfassendes Wissen über Preispolitik und Kalkulation erworben:
💰 Preispolitik
Strategische Preisbildung unter Berücksichtigung von Kosten, Wettbewerb und Nachfrage
🧮 Kalkulation
Systematische Berechnung des Verkaufspreises vom Einkauf bis zum Endpreis
🎯 Kundenorientierung
Bedarfsermittlung und passende Produktpräsentation
💬 Argumentation
Überzeugende Verkaufsgespräche durch nutzenorientierte Argumentation
💡 Praxistipp
Eine durchdachte Preispolitik berücksichtigt immer drei Aspekte: Die eigenen Kosten müssen gedeckt sein, die Konkurrenz muss beachtet werden, und der Kunde muss den Preis als fair empfinden. Die Kalkulation ist dabei das wichtigste Werkzeug zur Preisfindung!